Samstag, 31. August 2013

Steinbrücks letzte Chance


Steinbrücks letzte Chance
Im TV-Duell gegen die Kanzlerin geht es für Peer Steinbrück am Sonntag um alles

Eigentlich ist die Aufmerksamkeit der meisten Fernsehzuschauer am Sonntagabend auf den ARD-„Tatort“ gerichtet: dort geht es mal mehr, mal weniger spannend zu. Ein Krimi ist kommenden Sonntag indes kaum zu erwarten. Denn das Fernsehduell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück wird von der Öffentlichkeit zwar mit Spannung erwartet, könnte aber ziemlich langweilig werden - wie im Jahr 2009.

Vor vier Jahren standen sich Merkel und Steinmeier gegenüber; beide hatten zuvor in einer großen Koalition zusammen regiert. Steinmeier hatte damals große Mühe, sich von der gemeinsamen Regierungszeit abzugrenzen, die Kanzlerin zu kritisieren und eigene Akzente zu setzen. Die Quittung fiel mit einem Wahlergebnis von 23 Prozent und Verlusten von 11 Prozentpunkten gegenüber 2005 denkbar heftig aus.

Peer Steinbrück kann diesmal aus der Position des Oppositionspolitikers agieren: Er muss keine Rücksicht auf eine gemeinsame Regierungszeit nehmen. Folglich könnte er die Kanzlerin scharf attackieren, Verfehlungen aufzeigen, gesellschaftliche Schieflagen monieren, das eigene Programm skizzieren. Rhetorisch ist der Kanzlerkandidat Merkel allemal um Längen überlegen. Aber wird das reichen?

Steinbrück muss es zumindest versuchen. Die Gelegenheit, vor bis zu 20 Millionen Zuschauern zu reden, ist einmalig; da kann der Kandidat an noch so viele Türen klopfen und Wohnzimmer mit seinem Besuch beehren. Das Fernsehduell eröffnet die Chance, die eigene Anhängerschaft zu mobilisieren und noch unentschlossene Wähler für die SPD zu gewinnen; und eigentlich hat Steinbrück ja auch nicht mehr viel zu verlieren.


Ist das Glas halb voll oder halb leer?
Für Steinbrück wohl eher halb voll

Das starre und formalistische Format des TV-Duells wird jedoch einen wirklichen Schlagabtausch zwischen den beiden Kontrahenten kaum zulassen. Die über allem schwebende Präsidialkanzlerin, die den Namen ihres Herausforderers bislang kaum erwähnt hat, wird auch am Sonntag schwer zu packen sein. Steinbrück kann nur dann punkten, wenn er Merkel zwingt, bei Sachfragen Farbe zu bekennen.

Das wiederum wird Merkel zu verhindern wissen: Sie wird die gute ökonomische Lage des Landes und den stabilen Arbeitsmarkt hervorheben. Steinbrück indes muss aufpassen, nicht zu aggressiv und besserwisserisch aufzutreten. Die Tatsache, dass sein Gegner eine bei vielen Menschen beliebte und respektierte Frau ist, macht es für den Herausforderer nicht einfacher.

Ein falscher Halbsatz in Echtzeit würde die Kandidatur Steinbrücks wohl endgültig begraben. Interessant werden dürfte, wie sich Stefan Raab im Moderatorenquartett schlägt. Wird er Merkel und insbesondere Steinbrück, der sich im Vorfeld gegen Raab aussprach, aus der Reserve locken? Am morgigen Sonntag darf man drei Wochen vor der Wahl vor allem auf die Strategie Peer Steinbrücks gespannt sein.

Es ist seine letzte Chance, einer eigentlich schon vergeigten Kandidatur die entscheidende Richtungsänderung zu geben.

Freitag, 23. August 2013

Die vergeigte Kandidatur


Die vergeigte Kandidatur
Peer Steinbrücks Kanzlerkandidatur ist gescheitert. Warum eigentlich?

Kaum ist man aus der Sommerfrische zurück, wird man von allerlei Wahlplakaten und Werbeständen der Parteien begrüßt. Am 22. September ist Bundestagswahl. Man hätte dieses Datum diesmal glatt vergessen können, zu langweilig verlief der Wahlkampf bislang. Viele Bürger wirken denn auch einigermaßen desinteressiert; die Zeit der großen politischen Kontroversen ist offenkundig vorbei.

Schaut man sich die aktuellen Umfragen vier Wochen vor der Wahl an, wird zudem schnell klar: diese Wahl ist gelaufen. Angela Merkel wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine dritte Legislaturperiode als Kanzlerin amtieren dürfen. Ihr Herausforderer, Peer Steinbrück, ist mitsamt seiner SPD abgehängt. Ungeklärt ist allein die Frage, mit welchem Koalitionspartner Merkel demnächst regieren wird.

Dabei wurde der ehemalige Finanzminister noch vor zwei Jahren als gefährlichster Konkurrent Merkels gehandelt. Wie konnte in so kurzer Zeit aus einem populären Hoffnungsträger, vielgefragten Redner und Liebling des politischen Feuilletons ein chancenloser Buhmann werden, der im direkten Vergleich mit Merkel nicht den Hauch einer Chance hat? Was ist da passiert?

Nachdem Steinbrück im September vergangenen Jahres überstürzt zum Kandidaten seiner Partei ausgerufen wurde, ging einiges schief. Die SPD schien ziemlich unvorbereitet auf ihren Kandidaten zu sein: von Konzept, Strategie und rückhaltloser Unterstützung keine Spur. Die vorzeitige Nominierung sollte sich rächen, denn ein ganzes Jahr im Kandidatenmodus hat noch niemand unbeschadet überstanden.

Schnell wurden Steinbrücks hohe Rednergagen publik. Steinbrück befand sich fortan in einer defensiven Position: Statt den politischen Gegner zu attackieren, musste er beständig die eigenen Bezüge erklären. Der Kandidat drang danach mit keinem politischen Thema mehr durch, konnte kaum noch punkten; die öffentliche Meinung drehte sich infolgedessen rasant.

Und die Frage ist ja auch berechtigt: Kann ein Mann, der sich in kurzer Zeit Millionengagen als Redner erarbeitet hat, die Belange der Normalverdiener glaubwürdig vertreten? Viel hängt in Wahlkämpfen vom Kandidaten ab. Stellt er eine überzeugende Alternative zum Amtsinhaber dar und weiß er eine schlagkräftige Partei hinter sich, kann es zu einer Wechselstimmung in der Bevölkerung kommen.

Zu Jahresbeginn machte Steinbrück dann durch einige ungeschickte Bemerkungen von sich reden. Und schon wieder ging es ums Geld: So erweckte er den Eindruck, für das von ihm angestrebte Kanzleramt ein höheres Gehalt einzufordern. Zuletzt hatte „Klartext-Peer“ seine rhetorischen Aussetzer zwar einigermaßen im Griff, die Berichterstattung ist seitdem jedoch überwiegend negativ.

Auch Steinbrücks Schattenkabinett konnte niemanden recht vom Hocker reißen: zu grau, zu bieder, zu unbekannt waren die vorgestellten Persönlichkeiten. Letztlich stellt Steinbrück selbst mit seinen 66 Lebensjahren für die meisten Wähler auch keine frische Wahlalternative zu einer allseits beliebten Regierungschefin dar. 1998, bei Kohl und Schröder, war das noch ganz anders.
                                                                                                        
Dabei hätte aus Peer Steinbrück ein ganz passabler Kanzler werden können: Klug, kompetent, gradlinig und schlagfertig, hätte er dem Land ein paar neue Impulse geben können. Aber, ach: hätte, hätte, Fahrradkette. Diese Worte stammen von Steinbrück selbst. Und er selbst hat letztlich die Kanzlerkandidatur für die SPD vorzeitig vergeigt. Neben seinen trägen Genossen trägt er die Hauptverantwortung für die kommende Niederlage.