Sonntag, 24. November 2013

Die Magie des Zufalls


Die Magie des Zufalls
Kaum etwas beeinflusst unser Leben so stark wie der Zufall

Es ist Zufall, aber beileibe keine Seltenheit: Zwei einander unbekannte Menschen treffen sich im Abteil eines Zuges. Der Zufall wollte es, dass ihre reservierten Plätze nebeneinander liegen. Sie kommen ins Gespräch, lernen sich kennen, lieben und haben sogar Kinder zusammen. Eine ganze „Filialgeneration“ junger Menschen verdankt sein Leben einer ganz und gar zufälligen Platzvergabe im Zug.

Ein Würfel fällt zufällig auf die Zahl 6. Bevor sich der Würfel entschieden hat, ist völlig offen, auf welche der 6 Zahlen er schlussendlich fällt. Sein „Fall“ ist Zufall, nichts weiter. Ein weiteres Beispiel: Ein Fußball springt vom Pfosten einem Spieler unverhofft vor die Füße - er macht das Tor. Besonders im Sport ist der Erfolg nur bedingt planbar, denn hier hängt viel von Tagesform, Glück und eben Zufall ab.  

Alles Zufall, oder was? Wann aber handelt es sich um Zufall und was macht diesen letztlich aus? Ein Zufall liegt immer dann vor, wenn es für das Eintreten eines singulären Ereignisses keine eindeutige, ursächliche Erklärung gibt. Im Umkehrschluss stellt der Zufall einen Verzicht auf jedwede kausale Erklärung dar. Zufall ist folglich das Eintreten eines nicht vorhersehbaren Ereignisses.

Das Leben ist voller Zufälle, kommen diese nun als glückliche Fügung oder bitterer Schicksalsschlag daher. Der Zufall widerstrebt mit seinen überraschenden Ereignissen einer dem Menschen innewohnenden Natur nach Sicherheit und Vorausberechnung. Ihm wohnt ein unplanbares und unerwartetes Momentum inne, wenn urplötzlich die Geschehnisse über einen hereinbrechen.

Die Würfel sind gefallen: Alles Zufall, oder was?

Bisweilen kommt es beim Zufall auch zu einer bizarren Verkettung mehrerer, unwahrscheinlicher Ereignisse. Zahlreiche Katastrophen sind häufig einer unglückseligen Verknüpfung zufälliger Ereignisse zuzuschreiben. Beim Flugzeugabsturz von Überlingen (2002) führten einige verhängnisvolle Zufälle dazu, dass zwei Flugzeuge im deutschen Luftraum miteinander kollidierten.

1928 fand der schottische Bakteriologe Alexander Flemming heraus, dass eine zufällig durch Pilzsporen verunreinigte Probe mit Staphylokokken überall dort keine Bakterien mehr enthielt, wo sich der Pilz ausgebreitet hatte. Der Pilz produzierte ein Gift, mit dem diverse Krankheitserreger getötet werden konnten. Flemming hatte durch puren Zufall das Penicillin entdeckt.

Viele absichtslose Entdeckungen in der Medizin sind demnach dem Zufall geschuldet. Der sprichwörtliche „Kommissar Zufall“ führte in vielen Kriminalfällen noch nach Jahren zur Aufklärung von bislang ungelösten Straftaten. Auch in der Kosmologie gilt der Zufall als das Grundprinzip des Seins: das mit dem Urknall entstandene Universum ist zufällig und ohne einen letzten Grund entstanden.

Der Zufall ist die nicht zu berechnende Größe, die den Lauf der Welt ganz wesentlich bestimmt. Im Englischen heißt Zufall übrigens „accident“; derselbe Begriff wird allerdings auch mit „Unfall“ oder „Missgeschick“ übersetzt. Kein Wunder also, dass manch Zeitgenosse dem Zufall etwas reserviert gegenübersteht: Die meisten Menschen wollen durch eine perfekte Planung nichts dem Zufall überlassen.

Angesichts vieler, glücklicher Fügungen durch den Zufall erscheint dieses Verhalten allerdings unverständlich. Fast möchte man dafür plädieren, das Unerwartete und Unplanbare nicht von vornherein auszuschließen, um der Magie des Zufalls öfters eine Chance zu geben. Künftige Generationen, deren Eltern sich dereinst im Zug kennenlernen werden, hätten dann allen Grund, dem Zufall dankbar zu sein.  

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