Samstag, 25. Januar 2014

Wetten, das(s) war’s bald?

Wetten, das(s) war’s bald?
Europas größte TV-Show und Moderator Markus Lanz stecken in der Krise

Die Zeiten ändern sich: Früher gehörte die Show Wetten, dass...? zum Leben dazu wie die Sportschau und Dallas. Frank Elstner hatte 1981, mitten in den für ihre Langeweile berüchtigten 80er Jahren eine Showidee kreiert, die auch 33 Jahre später noch existiert. Seit dem Abgang von Thomas Gottschalk 2012 und der Übergabe der Sendung an Markus Lanz steckt die Show jedoch in einer Krise.

Die Quoten sind derzeit stabil - stabil unterhalb der Marke von 7 Millionen Zuschauern; sie erreichen damit kaum die vom ZDF angepeilte 8 Millionen-Marke pro Sendung. Die Zeiten, in denen Wetten, dass...? Traumquoten von bis zu 20 Millionen Zuschauern und einen Marktanteil von 70 Prozent erzielten sind vorbei. Damals gab es allerdings auch noch keine ernstzunehmende TV-Konkurrenz.

Neben den öffentlich-rechtlichen Sendern gab es zwar einige Privatsender; Internet, Online-Videotheken, Streamingdienste und Pay-TV existierten aber noch nicht. Die Zeit der generationenübergreifenden Samstagabend-Show, vor der sich die ganze Familie versammelt, ist abgelaufen. Denn ebenso wie sich die Geschmäcker des Publikums diversifiziert haben, hat sich auch die Gesellschaft verändert.

Wetten, dass...? gehörte einmal zu den Sendungen, über die man sich montags auf dem Schulhof oder im Büro unterhielt. Florian Illies hat es in seinem Buch „Generation Golf“ auf den Punkt gebracht: „Es war damals selbstverständlich, dass man Wetten, dass...? mit Frank Elstner guckte, niemals wieder hatte man in späteren Jahren solch ein sicheres Gefühl, zu einem bestimmten Zeitpunkt das Richtige zu tun.“ 

Nach dem Abgang des betulichen Frank Elstner drückte Thomas Gottschalk der Sendung seinen Stempel auf:  Er moderierte die Show in der Art eines schlagfertig-humorvollen Conférenciers, bei der die Wetten immer mehr zur Nebensache wurden. Gottschalk selbst und eine illustre Schar aus Weltstars, die als Showacts oder Wettpaten auftraten, machten die Sendung zeitweise zu einem Fernsehereignis.

Die Übergabe der Show an den blassen Markus Lanz war vermutlich keine gute Idee. Lanz muss sich derzeit mit einer Online-Petition herumschlagen, nachdem er die Politikerin Sarah Wagenknecht in seiner allabendlichen Talkshow ziemlich unhöflich behandelt hatte. Vielleicht hätte man die Show nach dem Abgang ihres Übervaters Thomas Gottschalk und der Absage Hape Kerkelings besser ganz einstellen sollen.

Am heutigen Samstagabend erwächst Lanz jedenfalls eine haushohe Konkurrenz, denn RTL zeigt mit DSDS und Ich bin ein Star - Holt mich hier raus! zwei quotenstarke TV-Formate. Die müde Gästeschar von Wetten, dass...?  mit „Topstars“ wie Liam Neeson, Hans Sigl, Atze Schröder, Yvonne Catterfeld, Max Kruse und, na klar, Peter Maffay hätte jedenfalls auch bei Dalli Dalli auflaufen können.

Markus Lanz war in seinen besten Momenten nie auch nur annähernd so gut wie Thomas Gottschalk; in seinen schlechteren Zeiten erinnerte er hingegen an seinen peinlichen Vor-Vorgänger Wolfgang Lippert. Als Format für spezielle Zielgruppen könnte Wetten, dass...? ähnlich wie die Shows Schlag den Raab, Musikantenstadl oder Verstehen Sie Spaß? zwar weiterexistieren. Aber das kann nicht der Maßstab des ZDF sein.

Wetten, das(s) war’s bald für Europas größte Fernsehshow? 

Samstag, 18. Januar 2014

Mehr Licht!

Mehr Licht!
Es ist geschafft: Die Tage werden wieder spürbar länger

Mit dem Beginn des Herbstes wird die dunkle Jahreszeit von den Menschen durch allerlei künstliche Beleuchtung bekämpft: Kerzen, Lampen, Leuchtgirlanden und Silvesterfeuerwerk sollen Licht ins jahreszeitlich bedingte Dunkel bringen. Seit der Wintersonnenwende vom 21. Dezember besteht jedoch Anlass zur Hoffnung. Denn die Tage werden schon im Januar wieder spürbar länger.

Das Schlimmste liegt also statistisch gesehen hinter uns, auch wenn besonders zu Jahresanfang viele Menschen unter dem notorischen Lichtmangel leiden. Müdigkeit, Antriebslosigkeit, schlechte Laune oder sogar eine Winterdepression sind nur einige Auswirkungen, die allzu gern dem Lichtmangel in die Schuhe geschoben werden. Denn die künstlichen Lichtquellen vermögen es nicht, das Sonnenlicht adäquat zu ersetzen.

In der kalten Jahreszeit fällt das Sonnenlicht in einem flacheren Eingangswinkel auf unseren Planeten, was die niedrigeren Temperaturen auf der Erdoberfläche erklärt. Im Winter schaffen es die Sonnenstrahlen zudem nur selten, den dichten Dunst aus Wolken, Hochnebel und Nebel zu durchdringen und ungefiltert als strahlender Sonnenschein auf die Erde zu treffen - was wiederum den Lichtmangel erklärt.  

Sonnenuntergang: Die Tage werden wieder spürbar länger

Achten Sie einmal darauf: In diesen Tagen, ab Mitte Januar, bleibt es spürbar länger hell. Mit Jahresbeginn zählt der Tag bereits 8 Stunden. Nur einen Monat später, im Februar, gibt es bereits 9 Stunden Tageslicht. Im Januar bleibt es damit im Schnitt jeden Tag um etwa zwei Minuten länger hell! Bis zum Frühlingsanfang im März läppert sich diese Lichtzunahme, und ein Tag zählt bereits 11 Stunden Tageslicht.

Grund hierfür und für die Entstehung der Jahreszeiten überhaupt ist die Neigung der Erdachse. Diese ist um 23,5 Grad geneigt; dadurch ist derzeit die gesamte Nordhalbkugel der Erde von der Sonne weggekippt. Durch die Erdrotation und die Wanderung der Erde um die Sonne wendet sich diese aber allmählich wieder der nördlichen Halbkugel zu, so dass es Frühling werden kann.

Mit dem Beginn des kalendarischen Winters im Dezember ist also zugleich das Maximum an Dunkelheit im Land erreicht. Das Frühjahr steht damit zwar noch nicht in den Startlöchern, ist aber nicht mehr so weit. Johann Wolfgang von Goethe hat auch für dieses Phänomen die passenden Worte gefunden. Seine letzten Worte auf dem Sterbebett lauteten angeblich: „Mehr Licht“. Welch schönes Frühjahrsmotto! 

Samstag, 11. Januar 2014

Das letzte Tabu

Das letzte Tabu
Der Fall Hitzlsperger: Sollten sich aktive Fußballprofis derzeit outen?

Nachdem der frühere Fußballprofi und 52-fache Nationalspieler Thomas Hitzlsperger in dieser Woche überraschend erklärt hatte dass er homosexuell ist, war in der Öffentlichkeit ein breites Maß an Zustimmung, Respekt und positiven Reaktionen zu vernehmen. Frühere Mannschaftskollegen wie Lukas Podolski und Arne Friedrich, aber auch Politiker und Verbandsfunktionäre zollten Hitzlsperger ihre Anerkennung.

Beifall für sein Coming Out erhielt Hitzlsperger selbst vom britischen Premierminister David Cameron, der als großer Fan von Aston Villa gilt. Der deutsche Nationalspieler hatte für den Verein aus Birmingham fünf Jahre lang gespielt und dabei in 99 Spielen 8 Tore erzielt. Aus dieser Zeit stammt auch sein Beiname „Hitz, the Hammer“, den er aufgrund seines hammerharten Schusses erhielt.  

Alles in Butter also? Mitnichten. Dass sich mit Hitzlsperger erstmals ein prominenter Nationalspieler als schwul outet ist sicherlich bemerkenswert. Durch seine Prominenz und sein Ansehen kann der Ex-Profi dazu beitragen, Homophobie und Schwulenfeindlichkeit abzubauen. Die Betonung liegt allerdings auf „Ex-Profi“: Hitzlsperger traute sich erst heraus, nachdem er seine aktive Karriere beendet hatte.

Der ebenso intelligente wie reflektierte Fußballprofi Thomas Hitzlsperger wusste wohl nur zu gut warum. Zwar gibt es seit einiger Zeit neben den obligatorischen Sonntagsreden ernst gemeinte Bestrebungen des Deutschen Fußball Bundes (DFB) aktiv gegen Homophobie und Rassismus in den Stadien vorzugehen. Die Folgen eines öffentlichen Outings hätte ein Spieler aber zunächst allein zu tragen.

Der Volkssport Fußball hat in manchen Regionen die gesellschaftliche Bedeutung eines Religionsersatzes. Das Stadion ist dabei auch für weniger aufgeklärte und gebildete Menschen eine der letzten Bastionen, in denen Aggressionen, Rassismus und Homophobie mehr oder weniger ungestraft ausgelebt werden dürfen. Fußball ist zu guter Letzt das letzte Refugium einer beinhart gelebten Machokultur.

Schwule Fußballprofis: Das letzte Tabu

Der körperbetonte Kampfsport lässt daher keinerlei Raum für vermeintliche „Schwächen“, die vielfach unreflektiert mit Homosexualität gleichsetzt werden. Fußballer, die zwar nicht schwul sind, aber dezidiert „weiche“ oder einfach nur intelligente Charakterzüge aufweisen, wie z. B. Andreas Möller, Marko Marin oder Philipp Lahm, müssen seit Jahren mit der Unterstellung leben, schwul zu sein.

Würde sich ein aktiver Fußballspieler derzeit outen, wäre das Verhalten der Fans unkalkulierbar. Die Schmähung von Gegner und Schiedsrichter gehört für viele Fans genauso zum Stadionbesuch wie Bratwurst und Bierchen. Auf den Rängen wird nur zu oft auf die vermeintlichen Schwachstellen des Rivalen gewartet. Ebenso in der Kabine: Fußballteams sind Männerbünde mit einem hohen internen Konkurrenzdruck. 

Einer der versiertesten Kenner der deutschen Fußball-Szene, der Präsident der Deutschen Fußball Liga (DFL), Reinhard Rauball, fand den Schritt Hitzlspergers einerseits mutig, formulierte andererseits aber auch ernsthafte Bedenken: "Mit Blick auf die enorme Öffentlichkeit im Profifußball wären die Reaktionen im Falle des Outings eines aktiven Profis jedoch weiterhin nur schwer kalkulierbar."

Die Maximalschmähung auf deutschen Schulhöfen besteht derzeit in dem Attribut „schwul“; der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, erhält nahezu täglich beleidigende Zuschriften, die seine Homosexualität thematisieren. Dies beweist: Homophobie ist kein Problem des Fußballs allein, sondern ein weitverbreitetes
Phänomen. Gerade im Profifußball ist Schwulsein aber immer noch ein großes Tabu.

Nach dem Coming Out eines aktiven Fußballprofis wäre er seine ganze Karriere hindurch nur noch „der Schwule“. Er würde stets durch eine „rosa Brille“ betrachtet  werden; der vermeintlich „schwule Pass“ könnte aus dieser Perspektive eine ganz neue Bedeutung erhalten. Nicht zuletzt deshalb ist das Outing eines aktiven Spielers im Moment nur schwer vorstellbar. Bleibt zu hoffen, dass die Zeit dafür bald reif ist. 

Samstag, 4. Januar 2014

Tatöd aus Tutzing

Tatöd aus Tutzing
30 Jahre Privatfernsehen und Krimis ohne Ende: Das TV ist derzeit nicht gerade in Bestform

Soviel gestorben wurde im deutschen Fernsehen noch nie: Über Weihnachten und in den Tagen zwischen den Jahren wurde gemordet, gekillt und gekidnappt als gäbe es kein Morgen mehr - von Weihnachtsfriede keine Spur. Ein Krimiformat reihte sich ans nächste, der Zuschauer will schließlich thematisch bei Laune gehalten werden! Zwischen öffentlich-rechtlichen und Privatsendern gibt es kaum noch Unterschiede.

Der Krimi ist das Nonplusultra der deutschen Fernsehunterhaltung, die „heilige Kuh“, die gehätschelt und gepflegt wird wie nur irgendwas. Miese Drehbücher, schnell durchschaubare Plots und austauschbare Ermittlerteams haben die inflationären Krimiformate indes zu einer konfektionierten, aber beim Zuschauer gleichwohl beliebten Massenware werden lassen: Den Klassiker „Soko“ gibt es gleich acht mal!

Der Fernsehkrimi galt einmal als das Hochamt der TV-Unterhaltung, das die die Nation nur allzu bereitwillig schaute. Selbst der „Tatort“, einst das Flaggschiff der ARD-Abendunterhaltung, wäre derzeit besser mit dem Titel „Tatöd“ (Süddeutsche Zeitung) versehen: Die unzähligen Ermittlerteams lösen ihre langatmigen Fälle mittlerweile selbst in Provinzstädten wie Konstanz und Weimar. Wann endlich ist Tutzing an der Reihe?

Dass man im Fernsehen keine Geschichte mehr ohne Leiche erzählen kann gilt inzwischen als ausgemacht. Dass es dergleichen immer mehr werden, ist allerdings neu. Achten Sie einmal darauf: Sie erkennen einen schlappen TV-Krimi immer daran, dass nach einer Sendestunde eine weitere Leiche nachgeliefert wird, welche die dramatur-
gischen Schwächen übertünchen sollen - ein Toter pro Fall genügt eben nicht mehr. 

Dabei gibt es sie ja, die guten Formate, die anspruchsvollen Programme, die intelligent erzählten Stoffe mit Witz, Niveau und Spannung. Nur eben nicht in den großen Sendern zur Prime Time, sondern abgeschoben ins Nachtprogramm bzw. gut versteckt: in den Dritten Programmen oder in einem der unzähligen Spartenkanäle des öffentlich-rechtlichen Fernsehens wie 3sat, Arte, ZDFneo oder EinsFestival.

ARD und ZDF hätten es als gebührenfinanzierte Sender gar nicht nötig, sich dem Quotendruck und einer Niveauangleichung an das Privatfernsehen zu unterziehen. Gerade weil eine staatliche Zwangsabgabe ihren Fortbestand sichert, sollten die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ihre Programmgestaltung auch als Bildungsauftrag begreifen und vor allem auf Qualität und Originalität setzen.

Qualitätsfernsehen wie die prämierten Doku-Dramen oder das TV-Highlight „Unsere Mütter, unsere Väter“ gibt es zwar - nur leider viel zu selten. Den Privatsendern wird man diesen Vorwurf kaum machen können: Sie müssen mit ihren werbefinanzierten Programmen Geld verdienen und senden daher das, was ankommt. Das ist zwar meistens Müll, entspricht aber offenbar den Sehgewohnheiten des gewöhnlichen TV-Zuschauers.

Aber so ist das halt mit dem Fernsehen. Jeder schaut, was ihm gefällt: die Klugen werden dabei klüger und die Dummen dümmer. Im Privatfernsehen entstanden in den letzten 30 Jahren intelligenzfreie Zonen mit asozialen Talkrunden, debilen Spielshows und grotesken Scripted-Reality-Formaten. EU-Kommissar Günther Oettinger brandmarkte das Privat-TV einmal pointiert als „Scheißfernsehen“.

Dass deutsche Fernsehsender kein Händchen für gute Serienunterhaltung haben ist offenkundig. Das Maß aller Dinge kommt immer noch aus den USA: Serienhits wie „Breaking Bad“, „Boardwalk Empire“, „Lost“, „Homeland“ oder „House of Cards“ sind als deutsche Eigenproduktionen derzeit nicht vorstellbar. Immerhin laufen die beiden letztgenannten Serien seit einiger Zeit auf Sat.1, wenn auch mit schwacher Quote.

Zeit also für eine handfeste Publikumsbeschimpfung? Vielleicht. Der Deutsche im Allgemeinen und der Fernsehzuschauer im Besonderen ist seit jeher in den Durchschnitt verliebt - anders wären der anhaltende Erfolg des „Tatort“ und auch die Wiederwahl Angela Merkels nicht zu erklären. Behaglich, beschaulich, langweilig und bieder - man geht eben gern auf Nummer sicher und sieht sich dabei selbst im TV am liebsten.

Der Mikrokosmos der eigenen Durchschnittlichkeit wird uns indes auch 2014 im Fernsehen erhalten bleiben. Garantiert.