Samstag, 22. Februar 2014

Aus grün wird gelb

Aus grün wird gelb
Hätten die Grünen als ökologisch gewendete FDP eine Zukunft?

Die Opposition im Deutschen Bundestag ist klein, aber sie existiert. In Zeiten der Großen Koalition, die mal liebevoll, mal verächtlich nur „Groko“ genannt wird, fällt der Opposition im Parlament ein besonderer Stellenwert zu. Sie hat die Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren und Alternativen zur erdrückenden Mehrheit der Politik von CDU/CSU und SPD zu formulieren.

Durch das sang- und klanglose Verschwinden der FDP befinden sich gegenwärtig nur noch zwei Oppositionsparteien im Bundestag: Die Linke und die Grünen. Nach dem vergeigten Bundestagswahlkampf, der die Ökopartei vorwiegend durch ein fatales Steuererhöhungsimage und als Verbotspartei in die Schlagzeilen brachte, versuchen sich die Grünen derzeit ein neues Image zu verpassen.

Das Unterfangen klingt auf den ersten Blick nicht unlogisch: Die Grünen könnten, so die Idee, das politische Vakuum, welche die unfreiwillige Fahnenflucht der Liberalen hinterlassen hat, ausfüllen. Die grüne Kernkompetenz Umweltschutz könnte um das einstige liberale Thema der Bürgerrechte ergänzt werden; die Grünen würden sich so thematisch breiter aufstellen und neue Wählerschichten erschließen.

Können die Grünen also den Liberalismus aus den Fängen einer politisch marginalisierten FDP retten? Wäre ein von der sozialen Eiseskälte befreiter grüner Liberalismus vorstellbar, der sich nicht zum bloßen Erfüllungsgehilfen deregulierter Märkte macht und stattdessen Verantwortung und Solidarität betont? Wäre die Häutung der Grünen zu einer Art liberalen Ökopartei glaubwürdig?

Auf den ersten Blick scheinen sich die Milieus der beiden Parteien gar nicht einmal so unähnlich. Beide halten freiheitliche Werte hoch, votieren für Bürgerrechte und zählen vor allem besserverdienende Schichten zu ihrer Klientel. Bei der Wirtschaftspolitik treten aber die Gegensätze hervor: Während die FDP für freie Märkte, Rendite und Wachstum eintritt, betonen die Grünen ökologische Nachhaltigkeit.

Die Politik der Liberalen hat sich seit Jahren für eine kleine Gruppe wirtschafts-, eigentümer- und unternehmerorientierter Kreise eingesetzt; sie war die Lobby einer privilegierten Klasse, deren Mantra Leistungsbereitschaft, Wettbewerb und Staatsskepsis ist. Der FDP-Klientel ist die grüne Lebenswelt bei allen Parallelen dabei eher fremd, da mögen sich manche Grüne noch so bürgerlich geben.

Bei der liberalen Kernwählerschaft hätten die Grünen also keine Chance. Die eigene Klientel würde man mit einem anbiedernden Kurs auf vermeintlich verwaiste liberale Ideen überdies abschrecken, denn ein wie auch immer gearteter „solidarischer Liberalismus“ ist nun mal ein Widerspruch in sich. Der grünen Lebenswelt lässt sich nicht so ohne weiteres ein wie auch immer gewendeter Liberalismus überstülpen.

„Die Grünen könnten im nächsten Jahrzehnt die FDP ersetzen.“ Der Satz stammt von Franz Müntefering. Der spätere Parteichef hat ihn noch vor der Bundestagswahl 1998 gesagt. Müntefering hatte damals allerdings die Funktion der Grünen als Koalitionspartner für die SPD im Auge. Eine Art grüne FDP hatte er wohl nicht im Sinn. Zu Recht. Denn die hätte im Parteienspektrum kaum eine Überlebenschance.


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