Freitag, 7. Februar 2014

Wenn der Shitstorm aufzieht

Wenn der Shitstorm aufzieht
Was tun, wenn der virtuelle Mob die Social-Media-Kanäle kapert?

Alle Jahre wieder. Nein, nicht nur zur Weihnachtszeit. Der Shitstorm ist kein jährlich wiederkehrendes Fest, sondern traurige Realität einer aus den Fugen geratenen Netzkultur. Die Social-Media-Kanäle von Firmen und Prominenten können schnell zur Zielscheibe von Hass, Häme und Drohungen werden. Zuletzt bekamen das Alice Schwarzer, Markus Lanz und der Fußballer Stefan Kießling zu spüren.

Der Duden definiert einen Shitstorm als „Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht“. Das ist vergleichsweise harmlos formuliert. Wer einen Blick in die Kommentarspalten von willkürlich ausgewählten Netzartikeln wagt, ist erstaunt über den rüden Umgangston und die hämischen Schmähungen, die man dort vernimmt.  

Nun muss man das Phänomen des Shitstorms von der rauen Kommunikationskultur im Internet trennen, denn nicht jede Beleidigung ist gleich ein Shitstorm. Eine Gemeinsamkeit beseht jedoch: Erst im Schutze der Anonymität lassen sich viele User zu wütenden Hasskommentaren hinreißen. Es ist ja auch so einfach. Die „Steinigung per Tastatur“ ist risikolos in nur wenigen Augenblicken vollbracht.

http://glossariumblog.blogspot.de/2012/12/im-auge-des-sturms.html

Frank Plasberg hat mit seiner Talkshow „hart aber fair“ vor Kurzem darauf reagiert. Plasberg lässt künftig keine anonymen Online-Meinungen mehr zu, die als Statement in die Sendung einfließen. Auch der Journalist und Blogger Michael Spreng hat kürzlich angekündigt, in seinem Blog „Sprengsatz“ demnächst keine anonymen Kommentare mehr zuzulassen, um so gegen die „Schwarmfeigheit“ vorzugehen.

Allzu oft hat die Anonymität in den Kommentarspalten zu verleumderischen und verletzenden Äußerungen geführt. Plasberg wie Spreng forderten die User auf, „Gesicht zu zeigen“ und mit dem realen Namen ihre Meinung kund zu tun. Damit lassen sich zwar anonyme Kommentare in Blogs und Foren ausschließen; Shitstorms und das raue Klima im Netz wird man dadurch aber nicht verhindern können.

Shitstorm auf Facebook & Co.: Traurige Realität im Netz

Wohlfeile Appelle an zivilere Umgangsformen im Internet oder gar ein virtuelles „Vermummungsverbot“ laufen ins Leere. Auf diese Weise wird man das Internet und seine negativen Begleiterscheinungen kaum zivilisieren können. Ein Shitstorm gehört wohl zum Internet wie der tödliche Autounfall zum Straßenverkehr. Mit bestimmten Auswüchsen durch virtuelle Wutbürger wird man wohl oder übel leben müssen.

Das Internet scheint neben dem Fußballstadion eines der letzten Refugien zu sein, in denen man ungestraft Dampf ablassen kann. Unternehmen und Prominente sollten darauf mit einer klugen Krisenstrategie reagieren. Eine transparente und glaubwürdige Krisenkommunikation muss für den Fall der Fälle vorliegen. Das eigene Fehlverhalten muss dabei offen angesprochen, Besserung gelobt werden.

Zukünftig können dadurch neue Chancen für die Rückgewinnung des verlorenen Vertrauens entstehen. Seiten vorübergehend zu schließen, um der Kritik dadurch zu umgehen, ist hingegen keine gute Idee. Dieses Verhalten befeuert die negative Berichterstattung in Blogs, Foren und Zeitungen nur noch. Berechtigte wie unberechtigte Kritik kann durch den Schneeballeffekt schnell außer Kontrolle geraten.

Das falsche Krisenmanagement kann sich dann zu einem veritablen Shitstorm auswachsen, der an die Substanz der öffentlichen Darstellung und Wahrnehmung von Firmen und Prominenten geht. Bei alledem müssen die Verantwortlichen schnell und umsichtig handeln, Vertuschung und Ignoranz sind zu vermeiden. Die gute Krisen-kommunikation lässt auch bei Provokationen die Höflichkeit im Ton nicht vermissen.

Sich vorbeugend gegen einen Shitstorm zu immunisieren, scheint aber unmöglich. Zu unkalkulierbar ist das oftmals komplexe Tagesgeschäft, zu unwägbar scheinen die Gründe, die Privatpersonen und Unternehmen ins Visier der öffentlichen Erregung bringen. Gleichwohl sollten zumindest Firmen eine Krisenstrategie und ein Handbuch für den Notfall bereithalten, damit der Shitstorm schnell vorüberzieht. 

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