Sonntag, 3. November 2013

Das linke Dilemma



Das linke Dilemma
Der eigentliche Wahlverlierer ist die SPD - sie hat es nur noch nicht realisiert

Sechs Wochen nach der Bundestagswahl haben Unionsparteien und Sozialdemokraten nun auch offiziell die Koalitionsverhandlungen aufgenommen. Vor Beginn des Verhandlungsmarathons wurden in der SPD Stimmen laut, im Falle einer Koalition mit der Union die Hälfte der Ministerien für die Sozialdemokraten zu beanspruchen - die Augenhöhe muss schließlich gewahrt sein.

Es gehört wohl zu den üblichen parteitaktischen Spielchen, den Preis für das Eingehen einer besonders bei der SPD-Basis ungeliebten Koalition ordentlich in die Höhe zu treiben. Weniger wohlgesonnene Beobachter haben den Sozialdemokraten indes Realitätsverlust attestiert - angesichts einer politischen Marginalisierung der Partei von nur mehr 25,7 Prozent der gültigen Zweitstimmen.

Was in der SPD bislang niemand recht zur Kenntnis genommen hat: Die Sozialdemokratie hat die Wahl mit Pauken und Trompeten verloren! Sie ist neben FDP und Grünen der eigentliche Wahlverlierer. Sechs Wochen nach der Wahlniederlage weisen nur vereinzelte Stimmen innerhalb der SPD auf diesen Umstand hin. Liegt es an den läppischen 2,7 Prozent welche die SPD diesmal dazugewonnen hat?

Dass die SPD schon zum zweiten mal hintereinander bei Wahlen auf die Plätze verwiesen wurde scheint bei den Genossen allerdings kein großes Thema zu sein. Derzeit kann die Partei, die in diesem Jahr 150 Jahre alt wurde, allenfalls einen Platz als Juniorpartner in einer Großen Koalition beanspruchen. Die SPD hat offenbar viel von ihrer früheren Strahlkraft eingebüßt. Schlimmer noch: Sie ist keine Arbeiterpartei mehr.

SPD 2013: Keine Arbeiterpartei mehr

Die strukturelle Schwäche der SPD hat viel mit der Auflösung traditioneller Milieus zu tun: eine Arbeiterschaft, die aus Prinzip rot wählt, gibt es nicht mehr. Die ökonomisch notwendigen Reformen der Agenda 2010 haben zusätzlich zur Erosion der deutschen Sozialdemokratie beigetragen. Für die „Kleinen Leute“, die früheren Stammwähler der Partei, hat die SPD mit den Hartz-Reformen ihre politische Seele verkauft.

Die SPD könnte zwar auf ein Linksbündnis mit Grünen und Linken setzen; diese Machtoption ist gegenwärtig aber nicht sonderlich wahrscheinlich, stellt sie doch das eigentliche Problem der Sozialdemokratie in den letzten 30 Jahren dar. Die Spaltung der politischen Linken in Deutschland hat dazu geführt, dass sich inzwischen drei vermeintlich linke Parteien gegenseitig die Wähler abspenstig machen.

Dabei sind Grüne und Linkspartei letztlich Fleisch vom Fleische der SPD. Besonders die Linke steht mit ihren ideologischen Unwägbarkeiten einem Bündnis mit der SPD derzeit noch im Weg. Eine linke Mehrheit wäre unter Umständen zwar da, sie lässt sich aber politisch nicht nutzen - welch ein Dilemma! Der SPD fehlt derzeit ein Masterplan, der die Möglichkeiten für die Rückkehr zur Macht realistisch auslotet.

Das linke Dilemma könnte indes dazu führen, dass der SPD auf absehbare Zeit nur die Rolle als politischer Mehrheitsbeschaffer der Union bleibt. 

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